AKW Beznau 1: Sicherheitsnachweis erneut in der Kritik
Fabian Lüscher,
Im AKW-Beznau hat die Jahresrevision begonnen. Dabei steht eine erneute Ultraschall-Untersuchung des Reaktordruckbehälters (RDB) des AKW Beznau 1 an. Nachdem dort 2015 Anomalien entdeckt worden waren, musste der Reaktor aufgrund von Sicherheitsbedenken vom Netz. In einem eigens dafür entwickelten Verfahren hat die Axpo in der Folge einen Nachweis für die Sicherheit des Druckbehälters erbracht. Sie liess Bruchtests an einer Kopie (Replika) des betroffenen Reaktorrings durchführen. Der Untersuchung der Replika ging eine fraktografische Analyse von Original-Materialproben voraus, die gemäss der Atomaufsicht für den Nachweis von zentraler Bedeutung war. Letztlich hat das ENSI den Sicherheitsnachweis akzeptiert, Beznau 1 ging 2018 wieder in Betrieb.
Letztlich hat das ENSI den Sicherheitsnachweis akzeptiert, Beznau 1 ging 2018 wieder in Betrieb. In einem neuen Gutachten stellt nun Prof. em. Dr. Kim Wallin, ein weltweit führender Materialexperte für Reaktordruckbehälter, Defizite in der damaligen Nachweisführung fest. Die Bedenken Wallins legen für die aktuelle Revision eine weit gründlichere Nachprüfung nahe.
Die Sicherheitsprüfung des RDB muss weiter gehen
Laut Wallin weist der Bericht zur fraktographischen Untersuchung verschiedene Mängel auf. So fehlen Details zu den Befunden und eine statistische Analyse zur Verteilung und Häufigkeit der gefundenen Einschlüsse. Klar sei jedoch, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen unbestrahltem Material aus der Replika und bestrahltem Material gäbe, der nicht vollständig untersucht worden sei.
Insbesondere wäre es zwingend erforderlich, auch frühere Materialproben aus dem RDB von Beznau 1 vollständig analysieren zu lassen, um belastbare Aussagen über die betriebsbedingte Versprödung machen zu können. Schliesslich sei die nachteilige Wirkung von Mangansulfid-Einschlüssen nicht näher untersucht worden, worin der Fachmann ein Defizit erkennt. Insgesamt erscheine der Bericht unvollständig, es fehle insbesondere eine ausführliche Diskussion der Befunde.
Die Bedenken ausräumen, bevor Beznau 1 ans Netz geht
«Beim ältesten Reaktor Europas darf in Sicherheitsfragen keine Kompromisslösung gefunden werden», sagt Fabian Lüscher, Leiter Fachbereich Atomenergie bei der SES, dazu. Die SES fordert, dass die Bedenken zum Sicherheitsnachweis von Beznau 1 geklärt und die festgestellten Lücken im fraktographischen Bericht behoben werden, bevor Beznau 1 nach der Jahresrevision wieder angefahren wird.
Stephanie-Christine Eger
Leiterin Fachbereich Atomenergie
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