Energie-Unabhängigkeitstag: Ab 19. April lebt die Schweiz auf Pump
Marcel Tobler,
Die Energieversorgung der Schweiz ist geprägt durch eine hohe Auslandabhängigkeit. Mehr als 70 Prozent unserer Energieträger werden importiert, dazu gehören alle Erdölprodukte, Erdgas sowie die Kernbrennstoffe. Für den Import überweist die Schweiz im Durchschnitt jährlich netto knapp acht Milliarden Franken ins Ausland. Sinnbildlich für die hohe Auslandabhängigkeit steht der sogenannte «Energie-Unabhängigkeitstag». Analog zum «Earth Overshoot Day» für alle Ressourcen gibt der Energie-Unabhängigkeitstag an, bis wann die inländischen Energieträger reichen, würden seit Anfang Jahr nur diese gebraucht. Ab dem Energie-Unabhängigkeitstag sind die Schweizerinnen und Schweizer bei der Energieversorgung vom Ausland abhängig.
Schweiz im europäischen Vergleich im Mittelfeld
Mit einer berechneten Energie-Unabhängigkeitsquote von 29.6 Prozent im Jahr 2025 liegt die Schweiz im Vergleich zu den EU-Ländern im Mittelfeld. Spitzenreiter ist mit grossem Abstand Estland mit einer Unabhängigkeit von über 98 Prozent. Die Schlusslichter des Vergleichs sind Belgien, Zypern und Malta mit einer Energie-Unabhängigkeitsquote von 10 Prozent und darunter.

Mehr Unabhängigkeit ist möglich
In den letzten 20 Jahren hat die Schweiz ihre Energieunabhängigkeit kontinuierlich von unter 20 Prozent anfangs der Nullerjahre auf rund 29 Prozent im Jahr 2023 gesteigert. Dies gelang vor allem dank abnehmender Nutzung importierter fossiler Energieträger und steigender Strom- und Wärmeproduktion aus erneuerbaren Quellen im Inland. Weitere Schritte hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung werden die Energieunabhängigkeit der Schweiz zusätzlich stärken.

Mehr Unabhängigkeit von Ländern ausserhalb Europas
Im Jahr 2023 stammte der Löwenanteil der schweizerischen Energieimporte aus EU-Mitgliedsstaaten (über 87 Prozent). Dazu zählen ein Grossteil der Öl- und Gaseinfuhren sowie die gesamten Importe von nuklearen Brennstoffen und elektrischem Strom. In diesen statistischen Zahlen kommt allerdings nicht zum Ausdruck, dass die EU-Staaten mit Ausnahme des Stroms als Zwischenstationen dienen und nur in sehr kleinem Mass am Ursprung dieser Energieträger stehen. Die fossilen und nuklearen Energieträger stammen zu einem grossen Teil aus den Ländern des Nahen Ostens, Vorderasiens und der ehemaligen Sowjetunion neben den USA, Norwegen und dem Vereinigten Königreich. Die in der Schweiz eingesetzten nuklearen Brennstäbe bestehen immer noch zu einem grossen Teil aus russischem Uran.
Léonore Hälg, Leiterin des Fachbereichs Erneuerbare Energien und Klima bei der SES, fasst zusammen: «Dank der Energiewende lässt sich die Energieunabhängigkeit der Schweiz stärken. Gleichwohl wird die EU eine wichtige Handelspartnerin für den Austausch von Energie und Energieträgern bleiben – in Zukunft einfach mit erneuerbarem Strom, der lokal in den EU-Mitgliedstaaten produziert wird. Das Stromabkommen wird hier eine wichtige Rolle spielen.»

Léonore Hälg
Leiterin Fachbereich erneuerbare Energien & Klima
+41 44 275 21 24
leonore.haelg@energiestiftung.ch