Alternative Szenarien zur Energiestrategie 2050
Léonore Hälg,
Die Schweizer Stromversorgung steht mindestens die kommenden Jahre vor Herausforderungen. Verschiedene, vor allem internationale Entwicklungen gefährden eine Versorgung, wie wir sie in den vergangenen Jahren gewohnt waren. Seit Beginn der Diskussionen um eine drohende Strommangellage letzten Sommer meldeten sich verschiedene Stimmen, die die von der Schweizer Stimmbevölkerung vor fünf Jahren angenommene Energiestrategie 2050 für gescheitert erklären. Andere Akteurinnen inklusive der SES fordern dagegen die Beschleunigung der Energiewende. Tatsächlich sähe die Schweizer Stromversorgung heute wohl sehr anders aus, wären die energiepolitischen Weichen im Zuge der Energiestrategie 2050 in eine andere Richtung gestellt worden. Auch wäre dadurch das Ausmass der derzeit vorherrschenden Herausforderungen im inländischen Stromsektor anders. Die vorliegende Studie geht diesen Hypothesen auf den Grund. Sie zeigt anhand von vier Szenarien, inwiefern andere «Energiestrategien» die heutige inländische Stromproduktion beeinflusst hätten. Dabei werden nicht nur der Technologiemix, sondern auch die Versorgungsqualität, die Umweltfreundlichkeit und die Kosten analysiert. Die vier Szenarien reichen von einem Stopp im Ausbau der erneuerbaren Stromproduktionskapazitäten ohne Neubauverbot für Atomkraftwerke (AKW) bis hin zu einer kräftigen Beschleunigung der Energiewende und dem schnellen Atomausstieg
Die Resultate zeigen, dass nur der massive Ausbau der erneuerbaren Energien die Stromversorgung kurz- und mittelfristig sicherstellen kann. Knapp fünf Terawattstunden – davon eine Terawattstunde im Winterhalbjahr – hätte die Photovoltaik im Jahr 2021 zusätzlich bereitstellen können, wenn die Energiestrategie die notwendigen finanziellen Mittel dafür bereitgestellt hätte. Bis im Jahr 2025 wären sogar neun Terawattstunde zusätzliche Stromproduktion mit Photovoltaik möglich gewesen. Wäre der Ausbau der erneuerbaren Energien und spezifisch der Photovoltaik in den Zehnerjahren aber limitiert oder ganz ausgebremst worden, stünde heute bis zu zweieinhalb Terawattstunden weniger Strom pro Jahr zur Verfügung. Bis im Jahr 2025 würde die Differenz auf fast fünf Terawattstunden erhöht, wodurch zusätzliche Massnahmen zur Sicherung der Stromversorgung ergriffen werden müssten.
Die Untersuchung zeigt nicht nur, dass eine für erneuerbare Energien generöser ausgestaltete Energiestrategie 2050 zu Mehrproduktion und so zur sichereren Stromversorgung geführt hätte. Sie hätte auch die Versorgungsqualität erhöht, denn die Solarstromproduktion schwankt dank der Dezentralisierung weniger im Jahresverlauf als die Stromproduktion in zentralen AKW. Schliesslich würde ein massiver Ausbau der PV-Leistung die Notwendigkeit von Stromimporten reduzieren. Dadurch würde der in der Schweiz verbrauchte Strom umwelt- und klimafreundlicher.
Léonore Hälg
Leiterin Fachbereich erneuerbare Energien & Klima
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leonore.haelg@energiestiftung.ch