Ländervergleich 2024: Stromproduktion mit Sonne und Wind zeigt Fortschritte – Einzelne europäische Staaten ziehen davon
Marcel Tobler,
Die Schweizerische Energie-Stiftung berechnet jedes Jahr in einer Studie die Solar- und Windstromproduktion pro Einwohner:in der Schweiz und der 27 EU-Mitgliedstaaten. Im Jahr 2024 landete die Schweiz in dieser Rangliste auf Platz 22 (siehe Tabelle 2 in der beiliegenden Studie). Nur Malta, Slowenien, Rumänien, Tschechien, Lettland und die Slowakei schnitten schlechter ab. Die Spitzenreiter Schweden und Dänemark produzieren pro Kopf sechsmal mehr Strom aus Solar- und Windenergie als die Schweiz. Schweden führt die Rangliste dank seiner mit Abstand höchsten Windstromproduktion an. Bei der Pro-Kopf-Solarstromproduktion liegen die Niederlande vor Spanien an der Spitze. Im Vergleich mit acht umliegenden Ländern (siehe Grafik) landete die Schweiz wie im Vorjahr auf dem vorletzten Platz, direkt vor Tschechien.

Knapp 11 Prozent des inländischen Stromverbrauchs werden hierzulande aus Sonne und Wind erzeugt. In Dänemark liegt dieser Anteil bereits bei über 76 Prozent. Der Trend zeigt, dass eine beträchtliche Anzahl Länder ihren Anteil aus Solar- und Windenergie am Stromverbrauch innerhalb von nur fünf Jahren um 20 Prozentpunkte und mehr steigern konnte. Die Schweiz verharrt mit einer Zunahme von 7.2 Prozentpunkten auch hier im hinteren Teil des Feldes.
Schweiz holt auf, aber hat noch viel Potenzial
Bei der Solarenergie konnte die Schweiz im europäischen Vergleich zwei Plätze gutmachen, wird aber weiterhin deutlich von nördlich gelegenen EU-Staaten übertroffen, obwohl dort die für die Stromgewinnung relevante Sonneneinstrahlung deutlich geringer ist. Die an der Spitze liegenden Niederlande produzieren pro Person fast doppelt so viel Solarstrom wie die Schweiz. Auch Österreich, Luxemburg und Deutschland übertreffen die Schweiz in ihrer Solarstromproduktion deutlich.
Als Binnenländer verfügen Österreich und Luxemburg über ähnliche Voraussetzungen bezüglich der natürlichen Ressourcen, Topologie und verfügbaren Flächen wie die Schweiz. Dass sie bei der Stromproduktion aus Sonnen- und Windkraft dennoch mehr als doppelt so viel erzeugen, zeigt das grosse noch brachliegende Potenzial in unserem Land. Vor allem der Ausbau der Windkraft stagniert bisher noch weitgehend in der Schweiz.
Vollständig erneuerbare Stromversorgung als Ziel
Der Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion in der Schweiz und in Europa wird in Zukunft weiter intensiviert. Die Stimmbevölkerung hat vor einem Jahr das Stromgesetz mit grosser Mehrheit angenommen und sich damit klare Ziele für eine vollständig erneuerbare Stromversorgung gesetzt. Die entsprechenden politischen Instrumente sind vor Kurzem in Kraft getreten oder werden es Anfang 2026. Ihre Wirkung wird sich erst in den kommenden Jahren entfalten und in der Vergleichsstudie niederschlagen.
Versorgungssicherheit durch Austausch mit Europa
Neben dem grossen Potenzial für den weiteren Ausbau der Solar- und Windenergie in der Schweiz zeigt die Studie, dass der Stromaustausch mit den Nachbarländern ein wichtiges Element für die Schweizer Energiewende darstellt. Der Anteil von Solar- und Windstrom an den Importen nimmt kontinuierlich zu.
Gleichzeitig diversifizieren sich die Technologien und Standorte der Stromproduktion. Das erhöht die Resilienz des gesamten europäischen Stromnetzes, zu dem auch die Schweiz mit über 40 grenzüberschreitenden Übertragungsnetzen gehört. Schliesslich liefern Windenergieanlagen im europäischen Umland wertvollen Winterstrom auch für die Schweiz.
Für unser Land ist es deshalb zentral, weiterhin am europäischen Stromhandel und -austausch teilnehmen zu können. Das Stromabkommen mit der EU, das in Kürze präsentiert wird, bildet die Grundlage dafür.

Léonore Hälg
Leiterin Fachbereich erneuerbare Energien & Klima
+41 44 275 21 24
leonore.haelg@energiestiftung.ch