Trotz Solar-Rekord im Hintertreffen
Die Schweiz hat 2022 so viel Solarenergie ans Netz gebracht wie noch nie zuvor. Trotzdem liegt sie im europaweiten Vergleich der neuen Erneuerbaren Wind und Sonne weit zurück.
Von Léonore Hälg*
«Die Schweiz verpasst den Anschluss», «Die Schweiz hinkt weiterhin hinterher » – alljährlich erhebt die Schweizerische Energie-Stiftung SES in einer Kurzstudie die Ausbauraten von Wind- und Solarstrom in Europa und sorgt damit für solch unschöne Schlagzeilen.
Auch dieses Jahr haben wir die Pro-Kopf-Produktion von Sonnen- und Windenergie in der Schweiz und den 27 Staaten der Europäischen Union im Jahr 2022 verglichen und ein Länderranking erstellt. Wie im Vorjahr landet die Schweiz auf Platz 23, knapp vor Rumänien, Tschechien, Slowenien, der Slowakei und Lettland.
Die Spitzenreiter Dänemark und Schweden produzieren pro Kopf sieben- bis achtmal mehr Solar- und Windenergie als die Schweiz. Im Vergleich mit acht umliegenden Ländern (vgl. Grafik) landet die Schweiz auf dem vorletzten Platz. Hierzulande werden nur gerade 7 Prozent des Stromverbrauchs mit den beiden neuen erneuerbaren Technologien erzeugt. In Dänemark sind es 63 Prozent.
Deutliche Steigerung beim Solarstrom
Aber immerhin gibt es eine gute Nachricht: Die Schweiz verzeichnete 2022 einen Rekord im Solarausbau. Sie hat total 3’900 Gigawattstunden Solarstrom produziert – umgerechnet 446 Kilowattstunden Solarstrom pro Kopf. Über 1’000 Gigawattstunden sind im letzten Jahr neu dazugekommen.
Im Vergleich mit dem europäischen Umland liegt die Schweiz bei der Solarstromproduktion aber nach wie vor nur im Mittelfeld und wird von EU-Staaten mit geringerer Sonneneinstrahlung deutlich übertroffen. Hier steht die Niederlande an der Spitze. Sie produziert pro Person mehr als doppelt so viel Solarstrom wie die Schweiz. Auch Belgien und Deutschland übertreffen uns in der Solarstromproduktion. Doch vor allem der Ausbau der Windkraft stagniert hierzulande weitgehend, was massgeblich zum schlechten Resultat beiträgt.
Die Politik bewegt sich
Das eidgenössische Parlament hat erkannt, dass die Rahmenbedingungen für den Erneuerbaren-Ausbau verbessert werden müssen und ist zurzeit sehr aktiv in der Überarbeitung der Rahmenbedingungen für den Ausbau der Solar- und Windkraft (vgl. Fokus-Artikel in dieser Ausgabe). Um die gesetzten Ziele zu erreichen, ist es nun wichtig, dass die Vorlagen ohne Referendum schnell umgesetzt werden können. So kann die Schweiz in den kommenden Jahren im Länderranking nach vorne rücken, sodass die Schlagzeile irgendwann heisst: «Die Schweiz, europäische Musterschülerin in Sachen Wind- und Sonnenenergie».
*Die Autorin
Léonore Hälg
Leiterin Fachbereich erneuerbare Energien & Klima
+41 44 275 21 24
leonore.haelg@energiestiftung.ch
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