Wir brauchen eine Gebäudewende.
Die Gebäude in der Schweiz sind für rund einen Viertel der inländischen Treibhausgasemissionen verantwortlich (BAFU, 2021). Diese entstehen mehrheitlich durch die Verbrennung von Heizöl und Erdgas zur Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser.
Seit dem Jahr 1990 sind die Treibhausgasemissionen aus dem Gebäudebereich stetig gesunken. So waren die Emissionen aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen im Jahr 2020 um fast einen Drittel tiefer als im Jahr 1990 - und dies obwohl die Anzahl fossiler Heizsysteme durch den wachsenden Gebäudepark zugenommen hat. Dass die Treibhausgasemissionen trotzdem zurückgegangen sind, hat zwei Gründe. Einerseits wurden und werden bestehende Gebäude laufend energetisch saniert, wodurch ihr Wärmebedarf und in der Folge auch die Treibhausgasemissionen sinken. Andererseits wurde die Zunahme der Anzahl der fossilen Heizsysteme vollständig durch Gasheizungen gestemmt. Die Verbrennung von Erdgas setzt weniger Treibhausgasemissionen frei als Heizöl.
Die vollständige Dekarbonisierung des Gebäudesektors ist möglich.
Dazu müssen die fossilen Heizsysteme mit erneuerbaren ersetzt werden. Die nachhaltigen Alternativen existieren bereits in Form von Wärmepumpen, Holzheizungen und erneuerbaren Fernwärmenetzen und sind in vielen Fällen auch wirtschaftlich interessant, da sie oft tiefe Betriebskosten haben. Jedoch werden beim Heizersatz in Mehrfamilienhäusern und Gebäuden ohne Wohnnutzung in zwei Dritteln der Fälle eine fossile Heizung eingesetzt (BFE, 2021). Bei Einfamilienhäusern passiert das in immerhin knapp 45% der Fälle. Das sind schlechte Nachrichten für das Klima, da neue Heizsysteme eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren haben und so bis in die 2040er Jahre Treibhausgase ausstossen werden.
In den Kantonen sind die Vorschriften an neue Heizsysteme sehr unterschiedlich.
Während in Neubauten praktisch überall erneuerbare Heizsysteme Pflicht sind, sieht es beim Heizersatz anders aus. Nur die Kantone Basel-Stadt und Zürich schreiben vor, dass erneuerbare Heiztechnologien auch beim Heizersatz eingesetzt werden müssen und bieten finanzielle Unterstützung, wo diese wirtschaftlich nicht tragbar sind. Die Kantone Glarus und Neuenburg haben diese Vorschriften ausschliesslich für Wohnbauten und in anderen Kantonen stehen sie zur Diskussion. In den meisten Kantonen wird nur ein Anteil von 10 bis 20 Prozent erneuerbare Wärme beim Heizersatz oder eine zusätzliche energetische Sanierung vorgeschrieben, weshalb fossile Heizsysteme ohne grossen Aufwand weiterhin eingebaut werden dürfen.
Auch die Energieeffizienz trägt zum Klimaschutz bei.
Energetische Sanierungen von Gebäuden senken deren Raumwärmebedarf, da Wärmeverluste durch verbesserte Isolation der Aussenwände, Böden und des Dachs und bessere Fenster vermindert werden. Auch bei Gebäuden, welche bereits erneuerbar beheizt werden, ist es für den Klimaschutz wichtig, dass die Energieeffizienz gesteigert und der Wärmeverluste reduziert wird. Die Ressourcen, die so zusätzlich eingespart werden, stehen dann andernorts zur Verfügung. Wärmepumpen beispielsweise sind zwar sehr effizient, verbrauchen jedoch Strom für jede zusätzlich produzierte Einheit Wärme. Dieser Strombedarf fällt mehrheitlich im Winter an, wenn wichtige erneuerbare Stromproduktionstechnologien wie die Wasserkraft und die Solarenergie weniger Strom produzieren. Energieeffiziente Gebäude können so den Bedarf für noch mehr Stromproduktionsanlagen, für zusätzliche Stromspeicher und für Stromimporte reduzieren. Nur liegt die Sanierungsrate von Altbauten in der Schweiz seit Jahren bei rund einem Prozent. Das ist viel zu wenig, um den Energiebedarf im Winter wesentlich zu senken. Das Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen fördert energetische Gebäudesanierungen seit Jahren finanziell und durch Informationen an Hauseigentümer:innen. Zusätzlich schreiben kantonale Vorschriften vor, wie Altbauten energetisch saniert werden sollen. Der Erfolg dieser Massnahmen ist mit Sicht auf die Sanierungsrate sehr begrenzt.
Die SES sagt:
Der Gebäudesektor muss bis 2035 vollständig dekarbonisiert sein. Dafür müssen alle fossilen Heizsysteme durch erneuerbare ersetzt werden. Dazu braucht es griffige Vorschriften für den Heizersatz auf kantonaler Ebene gepaart mit einer finanziellen Unterstützung für diese, in denen nachhaltige Alternativen wirtschaftlich nicht tragbar sind. Zusätzlich müssen Massnahmen erlassen werden, welche die Sanierungsrate von Altbauten wesentlich erhöhen. Diese können finanzieller und regulatorischer Natur sein.
Léonore Hälg
Leiterin Fachbereich erneuerbare Energien & Klima
+41 44 275 21 24
leonore.haelg@energiestiftung.ch
Themenwelt Klima
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